Freitag, 12. Juni 2009

Thespianische Persönlichkeitsstörung

Nur noch einen Monat bis zur Premiere. Die Aufführungsrechte sind sicher, die PR läuft langsam an, es kommen sogar schon erste Ticketbestellungen rein. Kulisse, Requisite, Kostüme, nach und nach kommt alles zusammen. Eine Frage aber bleibt: "Warum zur Hölle ging das diesmal so schnell?" , so der innere Organisator. Freundliche Hinweise auf die Kürze des Sommersemesters gehen zum einen Ohr rein, springen ein Weilchen aufgeregt durchs Hirn, schieben ein wenig Panik, und verschwinden dann irgendwohin, um zu geeigneter Zeit wieder aufzutauchen und mehr Panik zu schieben. Lokalpresse und Radio, eventuell noch was Sponsorengeld einsacken, Listen durchgehen, etc. pp. ad nauseam. Nur noch ein Monat...
Auftritt der kleinen Rampensau aka der innere Schauspieler. Die würde am liebsten den Organisator einen guten Mann sein lassen und direkt auf die Bühne."Nur noch einen Monat?! Geil!" Die Orga runzelt die Stirn und verweist auf noch zu Erledigendes. "Egal", meint die Rampensau, "entscheidend is' auf'm Platz." Etwas pikiert pocht der Organisator auf ein paar Unterlagen. "Auf'm Platz? Ohne mich gäb's keinen Platz..." Woraufhin der Schauspieler amüsiert anmerkt, dass es ohne ihn und die Anderen wohl nichts zum Organisieren gäbe, "kleiner Wichtigtuer".
Man einigt sich also auf Unentschieden. Beide Seiten ziehen sich wieder in ihre eigene Hirnecke zurück und kümmern sich ihren eigenen Kram. Der Schauspieler wendet sich wieder seinem Text zu und kritzelt Notizen in sein Script. In Gedanken schon mindestens halb auf der Bühne, halluziniert er von Applaus. Der Organisator schaut noch ein Weilchen kopfschüttelnd zu und beschließt dann, einfach ein paar andere Leute zu nerven.
Freunde werden die beiden wohl nicht mehr. Müssen Sie auch nicht, solange am Ende das Ergebnis stimmt. Und zum Glück sind diese beiden kleinen Egomanen von genug anderen Kompetenten umgeben, damit dieser Fall auch eintritt.